Der Kammweg - Bayerischer Wald längs!

Einfach nur schön - der Bayerische Wald!
Einfach nur schön - der Bayerische Wald!

Eigentlich sollten wir ja wieder los! Schon viel zu lange liegen wir hier am Gipfel des Zwerchecks in der kräftigen Herbstsonne und genießen den grandiosen Ausblick.

Von hier aus können wir beinahe die ganze noch vor uns liegende Strecke überblicken. Rechter Hand lugen die markanten Ossergipfel durch den Wald, uns gegenüber thront der „Chef“ der Runde, der Große Arber und dazwischen erkennen wir die Sendetürme des Hohen Bogens in der Ferne. Auf der anderen Seite bilden die Gipfel des Falkensteins, die Schachten sowie Rachel und Lusen den zweiten Teil unseres Weges.

Nach dem langen Aufstieg von Bayerisch Eisenstein, freuen wir uns auf das sanfte Auf und Ab des Lohberger Riegels hinüber zum Osser. Einzelne Felsrücken dienen uns dabei immer wieder als Aussichtstürmchen. Zwischen Einkehr und Nachtruhe im Osserhaus bleibt uns gerade noch Zeit für einen Ausflug zum Gipfel des Kleinen Ossers, der mit seiner jäh abstürzenden Westwand viel alpiner wirkt als sein großer Bruder.


Früh am nächsten Morgen sind wir wieder auf den Beinen und erreichen über eine Forststraße, den Böhmsteig, Zwieseleck und Fahrenberg. Wir überqueren die Verbindungsstraße Lam – Neukirchen und verschwinden wieder im herbstlich leuchtenden Wald. Erst am Kolmsteiner Kirchl kehren wir zu einem etwas verspäteten Mittagessen ein.

Ein paar Stunden später sitzen wir am Eckstein, einem Gipfel des Hohen Bogens und sind uns einig: den Ausflug über diesen von Sendemasten verschandelten Gipfel streichen wir für das nächste Mal. Die Aussicht nach Norden in die Cham-Further Senke und weit hinüber ins tschechische ist allerdings unschlagbar.


Ein langer Abstieg leitet den nächsten Tag ein. Erst als wir kurz oberhalb von Zettling aus dem noch düsteren Wald treten, wärmen uns die ersten Sonnenstrahlen. Den Ausflug zum Freibad im nahegelegenen Rimbach schenken wir uns im Gegensatz zum letzten Sommer aber dann doch.

Zum Glück haben wir den kurzen Abschnitt auf der Teerstraße schnell hinter uns gebracht. Gleich nach der Brücke über den Weißen Regen und der Eisenbahnlinie verschluckt uns wieder der Wald. Im sogenannten Watzlholz überqueren wir noch einige Straßen, dann wird es schön langsam ernst. Beinahe 500 Höhenmeter Aufstieg liegen nun vor uns. Für ein kleines Mittelgebirge gar nicht schlecht!

Langsam windet sich der Europawanderweg hinauf zur Ortschaft Reitenberg und damit auch zu unserem heiß ersehnten Wurstsalat.

Langsam zuckeln wir weiter den Berg hinauf. Immer darauf bedacht, nicht zu schnell zu sein – schließlich ist unser Tagesziel, die Kötztinger Hütte nicht mehr weit entfernt. Eigentlich würde die Zeit auch noch bis Eck reichen, nur hier direkt am Gipfel des Mittagsteins ist die Aussicht grandios und die Übernachtung um einiges günstiger.

An einer kleinen Höhle legen wir noch ein kleines Päuschen ein und lauschen in die Stille hinein. Hier hielt sich Mitte des 19. Jahrhunderts der Räuber Heigl versteckt, eine Art Robin Hood, der über 10 Jahre lang von den Soldaten des Königs gejagt wurde. Über der Höhle thront der kahle Gipfel des Kreuzfelsens mit seinem fast 10 Meter hohen Gipfelkreuz. Der kurze Abstecher hierher lohnt sich nicht nur wegen des malerischen Blicks über den gewaltigen Felsriegel des Kaitersbergs. Am südlichen Horizont schaut die ganze Alpenkette zu uns herüber. Sogar beim gemütlichen Abendessen in der Kötztinger Hütte sind Hochkönig, Watzmann, Dachstein und Co noch im letzten Licht auszumachen.


Die folgende Etappe wird mit Abstand die Anstrengendste und Längste dieser Tour. Wären wir doch gestern noch bis Eck gelaufen... . Der farbenprächtige Sonnenuntergang am Abend zuvor war die heutigen Mühen aber in jeder Hinsicht wert.

Als erstes krabbeln wir wie Ameisen durch die zerrissene Felsenlandschaft des Steinbühler Gesenkes an dessen Ende wie ein Paukenschlag die Rauchröhren stehen. Erst im letzten Augenblick wird der Durchschlupf zwischen den beiden riesigen Gneisblöcken sichtbar. Hier liegt auch eines der besten Sportklettergebiete des Bayerischen Waldes. Vor allem im Sommer, wenn es in den tieferen Lagen zu heiß zum Klettern ist, bläst hier oben immer noch eine angenehm kühle Briese. Am Rauchröhrenblock, das ist der mit der Gedenktafel, findet sich mit „Barracuda“ eine der schwersten Routen Deutschlands. Selbst Starkletterer David Garham bemühte sich vor nicht all zu langer Zeit hier herauf.

Wir haben aber heute andere Pläne und laufen durch einen wunderschönen lichten Herbstwald weiter in Richtung Großer Riedelstein, dessen Gipfel das Waldschmidt-Denkmal ziert. Von der ehemals guten Aussicht haben wir heute leider nicht sehr viel. Einerseits sind die Bäume schon recht hoch und verdecken einiges vom Panorama, andererseits ziehen immer mehr Wolken auf und der Wald zeigt sich von seiner raueren Seite.

Es ist später Vormittag als wir uns im Berggasthof Eck eine Tasse Kaffee genehmigen. Um die Jugendherberge am Kleinen Arber noch bei Tageslicht zu erreichen, müssen wir gehörig Gas geben. Das Wetter hilft uns dabei nach Kräften. Die Wolken werden immer dichter und pünktlich als wir mit dem Mühlriegel einen der schönsten Aussichtspunkte im Bayerischen Wald erreichen, beginnt es zu nieseln. Eigentlich hätten wir von hier aus einen tollen Ausblick auf Pröller und, weiter östlich, unser Tagesziel – den Arber. Zum immer kräftiger werdenden Regen gesellt sich mittlerweile auch böiger Wind und so flitzen wir so schnell es geht hinüber zum Ödriegel. Dieser macht bei dieser Suppe seinem Namen mal wieder alle Ehre! Geisterhaft ragen einzelne Baumleichen in die Höhe – Überreste eines gewaltigen Windwurfs vor einigen Jahren. Der Unterstand am Waldwiesmarterl bietet uns Schutz für eine Müsliriegelpause, eine willkommene Stärkung vor dem steilen und felsdurchsetzten Aufstieg zum Doppelgipfel des Schwarzecks.

Die erste Felskanzel bietet normalerweise einen atemberaubenden Panoramablick über die von uns in den vergangenen Tagen zurückgelegte Strecke. Genau gegenüber liegt mit dem Gipfel des Ossers die höchste Erhebung des Kühnischen Gebirges und zu seinen Füßen der idyllisch gelegene Lamer Winkel. Nach dem zweiten Gipfel biegen wir nach rechts ab und folgen ausnahmsweise einmal nicht dem Bergkamm, sondern einem ziemlich steilen Weg, der oberhalb der Reischfleckhänge entlang führt und im Winter eine spaßige Skiabfahrt bietet. Wir schinden uns aber im Augenblick weit weniger spaßig die letzten Meter zur Heugstatt, dem ersten Schachten auf unserer Tour, hinauf. Der eisige Wind lässt auf der alten Hochweide die Nebelgeister tanzen und uns schleunigst in Richtung Enzian verschwinden. An seiner Ostseite bietet uns der alte Windschutz am Hüttlschachten noch einmal die Gelegenheit zur verspäteten Kaffeepause. Anschließend ein kurzer steiler Anstieg und wir stehen am höchsten Punkt des Kleinen Arbers.

Keine zehn Minuten später haben wir ein echtes Problem: wir stehen frierend vor der Jugendherberge und diese ist mangels eines Pächters vorübergehend geschlossen! Da uns die Dunkelheit bereits am Gipfel eingeholt hatte, spannen wir kurzerhand zwischen den Bäumen direkt neben der Hütte unser Tarp auf und verbringen die Nacht wenn schon nicht im Warmen, wenigstens im Trockenen.

 

Am nächsten Morgen zeigt sich das Wetter wieder etwas gnädiger. Den durch Radarstation und Sessellift verunstalteten Gipfel des großen Arbers lassen wir im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und machen uns gleich auf hinüber aufs Mittagsplatzl, einem der am schönsten gelegenen Schachten im Wald. Direkt über der Arberseewand sitzend genießen wir ein zweites Frühstück mit Blick über die Ortschaften Bayerisch Eisenstein und Železná Ruda weit nach Tschechien hinein.

Jetzt steht uns ein langer Abstieg bevor. 680 Höhenmeter trennen uns vom Großen Regen! Der Kaisersteig führt uns durch die immer noch von Nebel verhangene Seewand. Alleine dieser Abschnitt ist eine Wanderung wert, handelt es sich doch hier um eines der ganz wenigen echten Urwaldgebiete im Bayerischen Wald. Dick bemooste Felsen und gigantische Fichten schaffen eine Kulisse wie im Ronja-Film. Wie ein Schlag ins Gesicht trifft es uns dann als wir am Arberseehaus aus dem Wald treten. Busse voll lärmender Touristen, Tretbootverleih, Märchengarten und „sportliche“ Motorradfahrer, die auf der kurvigen Straße einen Höllenlärm veranstalten. Wir folgen dem dahinbrausenden Seebach an seinem linken Ufer durch dichten Wald hinunter zu seiner Mündung bei der Seebachschleife. Ein kleiner Steig führt uns übers Schwellhäusl und den Großen Deffernik hinüber nach Zwieslerwaldhaus.

Hier befinden wir uns bereits im neuen Teil des Nationalparks. Weil wir vom gestrigen Marathon noch etwas platt sind, ziehen wir den gemütlicheren Lackenbergsteig dem sportlicheren Schillerweg vor und genießen die letzten Strahlen der zurückgekehrten Sonne am Rukowitzschachten. Das Schutzhaus am Großen Falkenstein erreiche wir im Licht der Stirnlampe.


Ein etwas monotoner Holzweg, zuerst der Schachtenweg, dann der Böhmerweg, bringt uns wieder an die Grenze zu Tschechien. Dunkel und etwas unheimlich ist das Dreilinienmoos noch um diese frühe Uhrzeit. Überall gluckern kleine, von Moospolstern überwucherte Bäche in Richtung Elbe. Kurz nachdem wir die Straße verlassen haben, überquerten wir auch die Wasserscheide. Nachdem wir den steilen Distelruck hinter uns gebracht haben sind wir auf dem Teil der Schachten angelangt, der eher einer Hochebene gleicht. Der neue Holzsteig erleichtert uns den Weg durch die moorigen Filze und Sulze. Die uralten Bäume des Kohlschachten „brennen“ in den herrlichsten Herbstfarben und sogar der blaue Himmel zeigt sich immer mehr.

Als wir nach Abstechern zum Latschensee und Hochschachten endlich auf der Alm ankommen wird es wirklich Zeit für eine ausgedehnte Brotzeit. Weit reicht der Blick nun wieder, bis zurück zum Großen Arber. Wenig später erreichen wir nach einem steilen Aufstieg die Rachelwiese und das Waldschmidt-Haus.


Nach einem sehr frühen Aufbruch zur letzten Etappe kommen wir gerade noch rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Gipfel an. Die böhmische Hochebene glänzt im weichen Morgenlicht. An der Rachelkapelle tauchen wir in den Schatten der Seewand und es wird erbärmlich kalt. Der in diesem Gebiet großflächig abgestorbene Baumbestand verstärkt dieses Gefühl nur noch. Große Holzschilder weisen auf die Natürlichkeit dieses Vorganges hin – ganz so sicher sind wir da aber nicht.... Diese leicht angeschlagene Stimmung begleitet uns über den ganzen oberen Horizontalsteig bis zum Lusen hinüber. Kein grüner Baum ist hier zu sehen und auch die nachkommenden haben bereits braune Nadeln. Der Lusengipfel ist heute, an einem Sonntag etwas überbevölkert, allerdings zu recht – bei der Aussicht!

Der Europawanderweg führt uns ein letztes mal gemütlich über Tummelplatz und Steinbachklause hinunter ins Tal. Eigentlich könnten wir jetzt noch über Almberg, Haidel und Dreisessel bis zum Plöckenstein und damit zum Dreiländereck Bayern-Tschechien-Österreich weiterlaufen – wenn da noch Zeit übrig wäre...

 

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